Ekzem beim Pferd – Wenn die Haut Alarm schlägt
Wenn die Tage länger werden und das Thermometer steigt, haben sie Saison: Summende Blutsauger steigen in Schwaden aus Sümpfen und Wäldern auf und fallen mit der Dämmerung auf der Pferdeweide ein. Für manche Tiere ist das allenfalls ein bisschen lästig. Andere könnten aus der Haut fahren. Der Speichel einer bestimmten Mückenart, die Gattung Culicoides, auch als Gnitzen bekannt, setzt ihnen schwer zu: das gefürchtete Sommerekzem bricht aus. Die weltweit verbreitete Krankheit ist eine Allergie auf den Speichel von Insekten: Gnitzen, Kriebelmücken oder Bremsen können mit ihren Bissen das Sommerekzem auslösen. Die Symptome der Allergie zeigen sich als starker Juckreiz beim Pferd, welcher dem betroffenen Tier keine Ruhe lässt. Ständiges Scheuern führt zu kahlen Stellen im Fell und Wunden am Körper der geplagten Pferde. Doch woher kommt die Allergie auf den Speichel der Insekten? Warum sind einige Pferde von der Krankheit betroffen und andere nicht? Was hilft wirklich gegen das lästige Sommerekzem? Gibt es eine Impfung? Wie lässt sich Sommerekzem vorbeugen? Und was hat der Stoffwechsel damit zu tun? In diesem Ratgeber geben wir Dir die Antworten auf wichtige Fragen rund um das haut- und nervenaufreibende Thema.
Sommerekzem, wen juckt’s? Alle Pferderassen!
Fast die Hälfte aller in Deutschland lebenden Islandpferde ist vom Sommerekzem betroffen. Doch das Sommerekzem tritt auch bei anderen Pferderassen auf. Weit verbreitet ist es auch bei Barock- und Robustpferderassen, auch Warmblüter leiden am Ekzem – trotz des Namens jucken sich viele betroffene Pferde ganzjährig. Denn ist die Haut erstmal aus der Balance geraten, reichen kleine Auslöser, um sie zu reizen.
Viele Pferde erkranken erstmalig zwischen dem 3. Und 6. Lebensjahr am Sommerekzem.
Mit zunehmendem Alter steigt auch die Schwere der Erkrankung, zeigten Studien. Zunächst sind meist Mähnenkamm und Schweif der Pferde betroffen, später kommen auch der Unterbauch, das Gesicht und die Ohren dazu. Das Sommerekzem gilt bisher als nicht heilbar. Jedoch gibt es Mittel und Wege, das Ekzem in Schach zu halten und dem betroffenen Pferd das Leben angenehmer zu gestalten.
Wenn das Pferd sich juckt und scheuert und sich kleine Pusteln bilden, ist das bereits ein Alarmsignal. Treten die Symptome erstmalig auf, sollte der Tierarzt ausschließen, dass es sich beim um Räude, Milben oder Haarlinge handelt, denn auch die sorgen für starken Juckreiz der Haut. Auch ein Befall mit Würmern kann Symptome wie Schweifscheuern auslösen.
Daher ist eine Diagnose unbedingt erforderlich, bevor es an die Behandlung geht. Hat ein Bluttest ergeben, dass das Pferd am Sommerekzem leidet, ist Handlungsbedarf gegeben. Doch wie entsteht die Krankheit überhaupt?
Schieflage im Stoffwechsel als Auslöser von Sommerekzem
Auf die Frage, warum Pferde am Sommerekzem erkranken, gibt es keine einzig wahre Antwort. Ein geschwächtes Immunsystem bei Pferden gilt allerdings als ein sehr wahrscheinlicher Auslöser. Eine Allergie bedeutet nämlich, dass der Körper auf eigentlich harmlose körperfremde Substanzen überempfindlich reagiert. Ein angeschlagenes Immunsystem kommt mit diesen Substanzen nicht mehr zurecht und antwortet mit einer Überreaktion.
Der Körper schüttet Histamin aus und bewirkt damit eine Anschwellung des Gewebes.
So kommt es zu Quaddeln und einer Verdickung der Haut.
Funktioniert die Entgiftung des Pferdes über Darm, Leber , Galle und Niere gut, ist das Immunsystem in der Regel intakt. Im komplexen Stoffwechselsystem des Pferdes werden Nährstoffe verarbeitet und an die richtigen Stellen weitergeleitet, Schadstoffe unschädlich gemacht und Abfälle entsorgt.
Ist der Stoffwechsel überlastet, nutzt der Pferdekörper die Haut als Hauptausscheidungsorgan. Es kommt zu Entzündungsreaktionen der Haut, die nun damit beschäftigt ist, schädliche Einflüsse von außen, wie Pilze oder Bakterien, abzuwehren. Der Speichel der Insekten bringt, so eine Theorie, das Fass zum Überlaufen. Das Immunsystem ist so gestresst, dass es „aus der Haut fährt“ – und mit einer allergischen Reaktion das Sommerekzem auslöst. Apropos Stress: Der gilt ebenfalls als ein Hauptauslöser vom Sommerekzem. Ein Stallwechsel, Medikamentengaben oder eine Futterumstellung kann bei manchen Pferden das „Zuviel“ sein, welches das Sommerekzem auslöst. Das haben bereits mehrere Untersuchungen ergeben.
Auch Übergewicht und eine fehlerhafte Fütterung können das Entstehen des Sommerekzems begünstigen.
Sommerekzem durch falsche Fütterung?
Zuviel stärke- und kohlenhydratreiches Futter steht unter Verdacht, die Bildung eines Sommerekzems bei Pferden zu begünstigen. Die meisten betroffenen Pferde weisen eine gestörte Darmflora auf. Daraufhin das angeschlagene Immunsystem auf gut Glück mit allen möglichen immunstärkenden Präparaten „wieder auf Trab zu bringen“, ist keine gute Idee. Der Stoffwechsel des Pferdes ist ohnehin schon überfordert und „viel hilft viel“ ist in diesem Falle nicht die Devise. Eine Überversorgung oder Unterversorgung mit Nährstoffen ist zu vermeiden – ein Blutbild kann hier Aufschluss darüber geben, ob das Pferd mit allen wichtigen Spurenelementen und Mineralien versorgt ist. Insbesondere die Werte von Selen und Zink sollten bei Hautproblemen genauer unter die Lupe genommen werden. Ein Mangel an diesen Nährstoffen kann sich im Hautbild zeigen.
Ein an die Leistung des Pferdes angepasstes Fütterungsmanagement ist ebenfalls notwendig: Zuviel Stärke, Zucker, Eiweiß und Energie sollten vermieden werden, um den Stoffwechsel zu entlasten. Gutes Raufutter, also ausreichend Heu von hoher Qualität, ist auch für den Ekzemer essenziell!
Leseempfehlung: Erfahre, warum die Heu-Fütterung nicht nur für Deinen Ekzemer eine so wichtige Rolle spielt.
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Was hilft gegen Sommerekzem und wie wird es behandelt?
Neben einer angepassten Fütterung, ausreichend Bewegung, dem Vermeiden von Stress und Übergewicht, können außerdem weitere Hilfsmittel und Behandlungen Erleichterung für den Ekzemer bringen.
Impfung – Eine sinnvolle Behandlung gegen das Sommerekzem?
Vielversprechend klingen die ersten Ergebnisse eines Tests mit einer neuartigen Impfstofftechnologie. Die Pferde, an welchen die Impfung gegen das Sommerekzem getestet wurde, vertrugen den Wirkstoff gut und Gewebeschäden aufgrund einer allergischen Reaktion konnten reduziert werden. Für die Studie der Impfung wurde eine Gruppe von Islandpferden in die Schweiz importiert. Zuvor wurden sie mit dem neuartigen Impfstoff behandelt. Denn besonders Exportpferde, die in ihrer Heimat von den allergieauslösenden Gnitzen verschont sind, leiden am Sommerekzem, wenn sie die Insel verlassen haben. Das könnte sich, wenn die Forschungen um die neue Impfung gegen das Sommerekzem abgeschlossen sind, ändern, denn die Ergebnisse lassen hoffen. Und auch jenseits von Island setzen Pferdebesitzer große Hoffnungen in die Impfung gegen das Sommerekzem. Auch der Wirkstoff Insol welcher hauptsächlich bei Pilzerkrankungen eingesetzt wird, soll in vielen Fällen zu einer deutlichen Verbesserung der Symptome bei vom Sommerekzem betroffenen Pferden führen (zur Studie hier entlang). Hierfür wird Insol bereits vor der Flugzeit der Insekten als Impfung verabreicht und die Impfung dann zwei bis drei Mal wiederholt. Spreche mit Deinem Tierarzt, ob eine Impfung mit Insol für Dein Pferd infrage kommen könnte.
Bis dahin heißt es: Betroffene Pferde möglichst von den Plagegeistern fernhalten, die Fütterung überprüfen und die Haltung anpassen – und das mit möglichst wenig Stress. Denn wie wir wissen, sind Ekzemer ausgesprochen „dünnhäutig“ – auf ihre erhöhte Sensibilität sollte also auf jeden Fall Rücksicht genommen werden. Die gute Nachricht: Bei entsprechender Therapie gehen die Symptome im Laufe der Zeit zurück. Das Ekzem ist kontrollierbar. Deswegen ist frühes Handeln schon bei den ersten Anzeichen unbedingt notwendig!
Fazit
Der Speichel von Mücken und Bremsen kann bei einigen Pferden das Sommerekzem auslösen. Unbehandelt verschlimmert sich die allergische Reaktion mit der Zeit, daher sollte schon bei den ersten Anzeichen ein Tierarzt zurate gezogen werden. Mit entsprechender Haltung und Hilfsmitteln kann dem Ekzemer das Leben leichter gemacht werden. Wichtig sind auch eine ausreichende Versorgung mit Nährstoffen und das Vermeiden von Übergewicht. Bei der Fütterung sollte darauf geachtet werden, dass sie stärkearm und kohlenhydratreduziert und an die Leistung des Pferdes angepasst ist.