EOTRH ist eine unheilbare Zahnkrankheit bei Pferden, die oft spät erkannt wird und starke Schmerzen verursacht. Symptome sind Probleme beim Fressen, Berührungsempfindlichkeit und Zahnfleischentzündungen. Die Diagnose erfolgt meist durch Röntgen. Die Behandlung zielt auf Schmerzreduktion und Verzögerung des Fortschreitens ab. In schweren Fällen werden Zähne gezogen. Weiches Futter wie Mash und Heucobs können das Kauen erleichtern.

Wenn Leckerlis wieder aus dem Maul purzeln, das Pferd sich beim Auftrensen plötzlich wehrt, vermuten viele Pferdehalterinnen und Pferdehalter, dass eine Routinekontrolle beim Pferdezahnarzt fällig ist. Ein bisschen Abschleifen, Problem aus der Welt? Im Falle von EOTRH leider nicht: Die unheilbare Zahnkrankheit zeigt sich oft erst spät, durch Probleme beim Fressen oder Empfindlichkeit im Kopfbereich. Für viele ist sie ein Schock, denn EOTRH verläuft rasend schnell und bereitet dem Pferd große Schmerzen. Besonders ältere Pferde sind betroffen, häufig männliche Vierbeiner und robuste Rassen sowie Araber. Doch treffen kann es jedes Pferd. EOTRH verursacht gravierende Veränderungen am Zahnfleisch und an der Zahnsubstanz und muss so schnell wie möglich behandelt werden, um das Voranschreiten zu verlangsamen.

Was tun, wenn das Pferd von EOTRH betroffen ist? Was sind die Symptome, was die Ursachen, wie ist die Lebenserwartung betroffener Pferde und gibt es Hilfe bei EOTRH? Fragen wie diese beantworten wir Dir in diesem Ratgeber rund ums Thema EOTRH beim Pferd.


Pferd mit deutlich zu erkennender Entzündung im Maul
Das Bild zeigt: Im fortgeschrittenen Stadium ist die Equine Odontoclastic Tooth Resorption and Hypercementosis bei Pferden deutlich zu erkennen.


Was ist EOTRH?

EOTRH steht für Equine Odontoclastic Tooth Resorption and Hypercementosis und ist eine unheilbare Erkrankung der Pferdezähne. EOTRH trifft meist Pferde über 15 Jahre, aber auch jüngere Pferde können erkranken. Bei EOTRH handelt es sich um eine Auflösung der Zahnwurzeln, hauptsächlich der Schneidezähne und Eckzähne, seltener sind auch die Backenzähne betroffen. Die Zahnwurzeln werden aufgrund der Auflösung rau, es bildet sich eine Entzündung des Zahnfleisches und Zahnfisteln und Abszesse entstehen. Rund um die Zahnwurzeln bilden sich Ansammlungen von Zahnzement (Hyperzementose), eine Reaktion des Pferdekörpers auf die Auflösung der Zahnsubstanz. Das Zahnfleisch zieht sich zurück und schwillt an, die Zementzubildungen um die Zahnwurzel sind im Verlauf der Krankheit deutlich zu erkennen. Durch in den Zahnzwischenräumen festsitzende Futterreste bilden sich vermehrt Bakterien, die wiederum die Entzündung beschleunigen. Die Lage der Zähne im Kiefer verändert sich, es kommt zu Umbauprozessen im Oberkiefer und der Knochen kann geschädigt werden. Aufgrund der Tatsache, dass körpereigene Zellen für den Abbau der Zahnsubstanz sorgen, der Körper des Pferdes sich also praktisch gegen sich selbst richtet, wird bei EOTRH auch häufig von einer Autoimmunerkrankung gesprochen. Zusammenhänge mit dem Hormon- und dem Stoffwechselsystem wurden bei EORTH häufig beobachtet.

Equine = Pferde

Odontoclastic = Odontoklasten: Körperzellen, die das Dentin (Zahnsubstanz) abbauen.

Tooth = Zahn

Resorption = Auflösung von Strukturen durch körpereigene Zellen (Odontoklasten)

Hypercementosis = übermäßige Zementneubildung 


Welche Symptome zeigen sich bei EOTRH?

Das Tückische: Im Anfangsstadium bleibt EOTRH oft unbemerkt unter dem Zahnfleisch verborgen und die Symptome sind zu Beginn nicht stark ausgeprägt. Wenn das Pferd plötzlich schlecht kaut, Möhren und Leckerlis wieder aus seinem Maul fallen, es sich ungern am Kopf anfassen lässt oder sich beim Trensen widersetzt, ist die Krankheit meist schon sehr weit fortgeschritten. Und die Schmerzen sehr stark.

Symptome bei EOTRH:

  • Probleme beim Fressen (Möhren, Leckerlis, Brot)
  • Gewichtsabnahme
  • Berührungsempfindlichkeit im Maul- und Kopfbereich
  • Widersetzlichkeit beim Trensen
  • Zahnsteinbildung
  • Mundgeruch
  • Erhöhter Speichelfluss
  • Zahnfleischentzündung
  • Hyperzementose
  • Abszesse und Fisteln am Zahnfleisch
  • Zahnlockerung
  • Geschwächtes Immunsystem

Beobachtungen zufolge schäumen EOTRH-Pferde bisweilen vor dem Maul oder sehen aus, als ob sie Lächeln. Einige von ihnen spielen auffällig viel an Wasserbehältern oder tauchen das Maul für längere Zeit ins Wasser. Auch ein gestörter Fellwechsel und eine erhöhte Infektanfälligkeit gelten als häufige Begleitsymptome bei EOTRH. Die betroffenen Pferde sind darüber hinaus oft müde und leistungsunwillig oder zeigen sich freudlos und missgelaunt.


Was sind die Ursachen für EOTRH?

EOTRH ist erst seit rund zehn Jahren überhaupt bekannt, wird aber immer häufiger diagnostiziert. Die Ursachen der Erkrankung sind noch ungeklärt. Vermutet wird eine erhöhte mechanische Belastung der Schneidezähne im Alter, Mineral- oder Vitaminmangel, Stoffwechselerkrankungen wie z.B. Cushing/PPID, genetische Ursachen oder Stress. In einer breit angelegten tierärztlichen Studie (Quelle: https://aaep.org/sites/default/files/issues/AmbulatoryPearson2.pdf) kam man zu dem Schluss, dass EORTH vermutlich nicht nur eine einzige Ursache hat, sondern verschiedene Faktoren im Zusammenspiel die Entstehung von EORTH begünstigen.

Die Forschenden nennen hier u.a.:

  • Zahnerkrankungen
  • Die Art der Fütterung
  • Hufrehe oder EMS
  • Genetische Disposition

In Bezug auf die Fütterung, so die Studie, begünstigt zu wenig Weidegang die Entstehung von EOTRH, da die Durchblutung des Zahnfleisches beim Grasen angeregt wird und auch der vermehrte Speichelfluss zur Zahngesundheit bei Pferden beiträgt.


Wie wird die Erkrankung diagnostiziert?

Besteht der Verdacht auf EOTRH erfolgt die Diagnose durch den Tierarzt oder die Tierärztin häufig durch Röntgenaufnahmen der Maulhöhle und des Kiefers. Anhand der Bilder lässt sich feststellen, wie weit die Krankheit bereits vorangeschritten ist.


Wie sieht die Behandlung von EOTRH aus?

Da die Ursache von EOTRH noch nicht bekannt ist, gibt es nicht die eine Behandlungsmethode, die bei der Krankheit zum Einsatz kommt. Wichtig ist, EOTRH möglichst schon im Anfangsstudium einzudämmen, damit die Entzündung im Pferdekörper nicht ungehindert voranschreiten kann und die Zerstörung der Zähne möglichst verlangsamt werden kann. Heilbar ist die Krankheit nicht. Doch je früher sie entdeckt und behandelt wird, desto besser die Prognose. Wichtig ist eine enge Zusammenarbeit mit dem Pferdezahnarzt oder der Pferdeklinik. Nach der Diagnose wird hier oft der Zahnstein entfernt und die Zähne werden, wenn notwendig, geschliffen. Gegen die Schmerzen werden häufig entzündungshemmende Schmerzmittel eingesetzt, auch Antibiotika kommen zum Einsatz.

Myrrhentinktur oder Chlorhexidinlösungen werden von einigen Tierärzten als Spülung empfohlen, auch Blutegel sollen helfen, darüber hinaus kommen zuweilen homöopathische Mittel zum Einsatz. Am erfolgreichsten gilt bisher eine Gabe von Vitalpilzen. Hier mehren sich die positiven Erfahrungsberichte, laut derer das Voranschreiten der Krankheit Dank der Gabe von Vitalpilzen deutlich verlangsamt werden konnte. 


Letzter Ausweg: Das Ziehen der Zähne

Wenn EOTRH schon weit fortgeschritten ist und das Pferd Schmerzen leidet, raten viele Tierärzte dazu, einige Zähne ziehen zu lassen. Die Ansichten der Tierärzte sind dabei unterschiedlich. Damit die Entzündung nicht zu schnell voranschreitet, führen einige von ihnen bereits recht früh eine Extraktion mehrerer Zähne durch, andere raten dazu, nur im Notfall ein, zwei Zähne zu ziehen. Tatsächlich bringt das Zähneziehen offenbar vielen erkrankten Pferden umgehend enorme Erleichterung und führt zu mehr Lebensqualität. Dennoch sollte das Ziehen eines Zahnes stets sehr gut abgewogen werden und nur durchgeführt werden, wenn es absolut notwendig erscheint und andere Wege keinen Erfolg bringen. Die Zähne werden unter Sedierung (Beruhigungsmittel/Schmerzmittel) gezogen. Nach etwa sechs bis 10 Wochen sind die Wunden geheilt. In manchen Fällen lassen Pferde die Zunge heraushängen, wenn die Schneidezähne fehlen, da der „natürliche Stopp“ fehlt.

Die Frage ist nur: Kann ein Pferd ohne Schneidezähne überhaupt fressen?

Kaum vorstellbar, dass ein Pferd ohne Schneidezähne vernünftig fressen kann, oder? Erfahrungsberichten zufolge bekommen Pferde, denen aufgrund von Parodontose oder EOTRH die Zähne gezogen werden damit meist jedoch ganz gut zurecht. Sogar das Zupfen von Gras soll ihnen möglich sein. Das Zerkleinern des Futters übernehmen die Backenzähne, sofern diese nicht von der Erkrankung betroffen sind.

Pferd grast auf Weide
Weide trotz gezogener Zähne. Die Zahnextraktion gehört oft zur Therapie.


Wie sieht die Fütterung eines EOTRH-Pferdes aus?

Bei der Fütterung ist es im Fall von EOTRH ähnlich wie bei den Behandlungsmethoden. Dadurch, dass die Krankheit noch nicht allzu lange bekannt ist, weichen die Meinungen der Expertinnen und Experten hier voneinander ab. Einige raten zu einer getreidefreien, entzündungsarmen Ernährung des Pferdes, auch die Gabe von Möhren und Äpfel sollte aufgrund ihres Säuregehalts demnach reduziert werden. Wichtig scheint die Gabe eines guten Mineralfutters, welches auch zur Vorbeugung von EOTRH empfohlen wird. Achtung: Halte Dich hier an die Empfehlung Deines Tierarztes, da auch ein Zuviel an Vitaminen so wie ein ungünstiges Calcium:Phosphor-Verhältnis in im Verdacht stehen, EOTRH zu begünstigen. Ein Blutbild kann hier Aufschluss geben. Aufgrund der Entzündungen sollte ein besonderes Augenmerk auf der Zinkgabe liegen. Je nachdem, wie gut Dein Pferd noch kauen kann, empfehlen sich bei EOTRH auch Mash und  Heucobs als Zusatzfutter, da ihre Konsistenz das Kauen auf ein Minimum reduziert. Sollte Dein Pferd neben EOTRH auch an Hufrehe oder ECS erkrankt sein, musst Du die Fütterung natürlich an diese Gegebenheiten anpassen. Mehr zum Thema Stoffwechselerkrankungen beim Pferd erfährst Du in unserem Ratgeber. 


Fazit

EOTRH ist eine Schockdiagnose, denn dabei handelt es sich um eine unheilbare Krankheit. Schäden an den Zähnen können nicht mehr rückgängig gemacht werden. Allerdings kann der Prozess verlangsamt werden. Dafür sind regelmäßige ärztliche Kontrollen und ein auf das Pferd angepasster Therapieplan notwendig. Das Ziehen der Schneidezähne ist häufig eine lebenserleichternde Maßnahme, wenn andere Wege nicht dazu geführt haben, dass es dem Pferd besser geht. EOTRH ist keine lebensbedrohliche Krankheit. Das Pferd einschläfern aufgrund von EOTRH ist daher nicht erforderlich. Nach einer Zahnextraktion können Pferde schmerzfrei weiterleben - sogar Gras fressen ist möglich: Die Pferde zupfen die Halme dann mit der Oberlippe ab. Die Fütterung und Therapie Deines EOTRH-Pferdes solltest Du mit Deinem Tierarzt abstimmen. 




EOTRH FAQ's - Deine Fragen, unsere Antworten ganz kurz und knapp


Was ist EOTRH?

EOTRH steht für Equine Odontoclastic Tooth Resorption and Hypercementosis und ist eine unheilbare Zahnkrankheit bei Pferden, die hauptsächlich die Schneidezähne und Eckzähne betrifft.


Welche Symptome weist ein Pferd mit EOTRH auf?

Typische Symptome sind Schwierigkeiten beim Fressen, Berührungsempfindlichkeit im Kopfbereich, Zahnfleischentzündungen, Zahnsteinbildung, Mundgeruch und erhöhter Speichelfluss.

Wie wird EOTRH diagnostiziert?

Die Diagnose erfolgt meist durch Röntgenaufnahmen der Maulhöhle und des Kiefers, um das Ausmaß der Krankheit festzustellen.

Wie wird EOTRH behandelt?

Behandlungsmöglichkeiten umfassen Schmerzmittel, Zahnsteinentfernung und in schweren Fällen das Ziehen betroffener Zähne. Eine entzündungsarme Ernährung und Mineralfutter können unterstützend wirken.


Kann ein Pferd ohne Schneidezähne fressen?

Ja, Pferde können auch ohne Schneidezähne fressen. Sie zupfen Gras mit der Oberlippe ab und zerkleinern das Futter mit den Backenzähnen.


Was sollte bei der Fütterung eines EOTRH-Pferdes berücksichtigt werden?

Eine getreidefreie, entzündungsarme Ernährung und ein gutes Mineralfutter sind wichtig. Weiches Futter wie Mash und Heucobs erleichtern das Kauen.


Ist EOTRH lebensbedrohlich für das Pferd?

Nein, EOTRH ist keine lebensbedrohliche Krankheit. Mit der richtigen Behandlung und Pflege kann ein Pferd ein schmerzfreies Leben führen.